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1. Mannschaft 2009/2010

Runde 4: Zabo-Eintracht Nürnberg I - SG Büchenbach/Roth II 4 : 4

Zapf. Eine Tragödie. Erster und zweiter Teil. Oder: Eine Lanze für den ollen J.W.Goethe!

Runde 4: Zabo-Eintracht Nürnberg I - SG Büchenbach/Roth II 4 : 4

Bevor alle nach dem Lesen der folgenden Zeilen glauben, der gute alte Zapf sei nun vollständig durchgedreht, möchte ich dieses Gerücht bereits vorab bestätigen: ja, ich bin durchgedreht! - Aber die Parallelen dieses Wettkampfes zum "Faust" aus der Feder von J.W.G. sind einfach zu beeindruckend, um im Folgenden nicht als Zitaten-Quelle unlauter ausgeschöpft zu werden...

Zueignung:
"Mein Leid ertönt der unbekannten Menge, ihr Beifall selbst macht meinem Herzen bang, und was sich sonst an unsrem Schach erfreuet, wenn es noch lebt, irrt im Internet zerstreuet." - Eine erfreuliche Neuigkeit soll diesem seltsamen Bericht vorangestellt sein: durch dieses neuerliche Mannschaftsremis verbessert sich die 1.Mannschaft mit nunmehr 5 - 3 Punkten in der Tabelle der Bezirksliga 2/B sogar auf den 3.Platz. Allerdings trennt uns auch nur ein einziger Punkt vom vermutlichen Abstiegsplatz 7. - Dergestalt überwiegt eindeutig der Katzenjammer!

Vorspiel ist ein Theater:
"Ihr beiden, die ihr mir so oft in Not und Trübsal beigestanden, sagt, was ihr wohl in Zabo, hierzulanden, von unsrer Unternehmung hofft!" - So wurden unsere beiden Ersatzleute Dietrich Münzenberg und Andreas Link herzlich von unserem Mannschaftsführer Paul Wittmann begrüßt. Dabei stand der Einsatz des Ersteren für den beruflich auswärts weilenden Pawel Kulbacki immerhin schon länger fest, wohingegen Letzterer erst um 12 Uhr mittags von seinem Glück erfuhr, aufgrund einer kurzfristigen Absage noch einspringen zu... dürfen!

Prolog im Raucherzimmer:
"Verzeiht, wir können keine hohen Worte machen, und wenn uns auch der ganze Kreis verhöhnt; Unser Pathos brächte euch gewiss zum Lachen, hätten wir euch nicht das Lachen abgewöhnt." - Unverständlich wird mir immer bleiben, wie sich unsere Mannschaft bevor sich mein löblicher Einfluss langsam durchzusetzen begann, anstatt mit solchen in Stein gemeißelten Schlachtrufen der schieren Wortgewalt mit einem im Spielerkreis gebrüllten "1, 2, 3,... Zabooo!" begnügen konnte. Doch diese Zeiten sind jetzt für immer vorbei! Wir waren also auf Sieg programmiert...

Der Tragödie Erster Teil:
"Haben nun, ach! Sizilianisch, Skandinavisch und Caro-Kann und leider auch Französisch durchaus studiert, zumindest ab und an. Da stehen wir nun, wir armen Tore, und schwitzen fast aus jeder Pore!" - Wandeln wir doch einmal nach zwei gespielten Stunden durch den Turniersaal, schauen uns die Stellungen auf den acht Brettern etwas genauer an und erstellen wir eine Prognose, wie dieser Wettkampf wohl endet! - Zuerst verweilen wir bei Dietrich Münzenberg (Brett 8): Aus einem Trompowsky-Angriff mit Weiß ging seine Stellung in eine Französisch-Hauptvariante über und es sieht nicht schlecht für Dietrich aus. Demnächst scheinen sich die Damen abzutauschen und im bevorstehenden Mittel- oder Endspiel scheint Schwarz an seinem typischen schlechten Läufer zu laborieren. Gehen wir ein paar Schritte weiter zu Andreas Link (Brett 7): Mit Schwarz Sizilianisch eröffnend, setzte er gegen ein geschlossenes System offenbar frühzeitig den Bauernhebel d6-d5-d4 an. Gerade eben opfert Andreas einen Bauern für eine zügige Entwicklung gegen den im Zentrum steckenden weißen König. Damit hat seine Gegnerin offensichtlich gewisse Probleme, denn Zug für Zug gerät diese auf der Uhr immer weiter in Rückstand. Als nächstes kommen wir zu Steffen Winterfeldt (Brett 6): Natürlich steht dort eine Sokolsky-Eröffnung auf dem Brett und Steffen scheint zu Recht guter Dinge zu sein, da der stellungstypische Durchbruch am Damenflügel gerade konkrete Formen anzunehmen scheint. Wieder ein Stück weiter sehen wir Mathias Baumann (Brett 5): Eigentlich steht Mathias schon fast auf Gewinn, zumindest aber klar besser! Gegen sein Skandinavisch antwortete sein Gegner mit einer Zugfolge, die Mathias ein glattes Mehrtempo in einem Caro-Kann-Aufbau schenkt, zudem tauscht sich gerade ein weißer Läufer auf c6, womit Mathias einen doppelten Hebel gegen das weiße Zentrum mittels c5 erhält. Danach gelangen wir zur Stellung von Peter Ziegler (Brett 4): Mit Weiß hat Peter in einem Geschlossenen Sizilianer bereits einige langfristige positionelle Zugeständnisse seines Gegenübers erzwungen und ergreift soeben die Initiative. Unser Blick richtet sich nun auf das Brett von Thomas Gebhard (Brett 3): Nach einer erneut sehr bizarren Eröffnung hat sich die Stellung schon deutlich zu seinen Gunsten gewandelt. Gerade eben gewinnt er ersatzlos eine ganze Figur und steht turmhoch auf Gewinn! Als nächstes ist Thomas Ahlich (Brett 2) an der Reihe: Die Stellung sieht eigentlich bereits jetzt nach einer Punkteteilung aus. Offenbar ist der Gegner von Thomas auf sein Damenindisch im Anzug vorbereitet und tauscht zügig viel Material ab. Es verbleiben symmetrische Bauernketten und für beide Parteien wenig Gewinnpotential. Den letzten Eindruck holen wir uns bei Paul Wittmann (Brett 1) ab: Seine Stellung sieht gediegen aus, nachdem sein Gegenüber die Caro-Kann-Eröffnung von Paul mit einem Königsindischen Aufbau beantwortet hat. Beide Kontrahenten scheinen sich dabei auf einen langwierigen Positionskampf einzustellen. - Wenn wir nun eine (pessimistische?!) Prognose wagen wollen, kann diese nur dahingehend aussehen, dass wir diesen Wettkampf in der Größenordnung von etwa 6 - 2 gewinnen werden, äääh sollten!

Der Tragödie Zweiter Teil:
"Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis; Das Unzulängliche, hier wird´s Ereignis; Das Unbeschreibliche, hier wirkt es munter; Das Ewigdämliche zieht uns hinunter." - Kehren wir nun nach vier gespielten Stunden in den Turniersaal zurück und schauen wir uns um, was sich inzwischen so Alles ereignet hat! - Wie erwartet ist die Partie von Thomas Ahlich (Brett 3) als erstes zu Ende gegangen. Es tat sich seit unserem Ersteindruck nicht mehr allzu viel und die beiden Spieler einigten sich recht zeitnah auf ein korrektes Unentschieden. Als nächstes verlor Dietrich Münzenberg (Brett 8) seine Partie recht tragisch, indem Dietrich in einem Doppelturm- Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern die eigenen Angriffschancen deutlich über- und dafür im Gegenzug die gegnerischen deutlich unterschätzte. Diesen Rückstand konnte jedoch Andreas Link (Brett 7) umgehend ausgleichen. Dabei war seine Kompensation für den geopferten Bauern durch genaues Spiel seiner Gegnerin zwar immer geringer, dafür aber auch deren Zeitnot immer größer geworden. Diese erwies sich als ausschlaggebender Faktor, damit sich Andreas den Punkt sichern konnte. An diesem Gleichstand änderte auch das Remis von Mathias Baumann (Brett 5) nichts, mit dem wir inzwischen sehr zufrieden sein mussten! Denn die Stellung hatte sich deutlich zu seinen Ungunsten gedreht, da Mathias auf ein aufkeimendes Druckspiel seines Gegners am Königsflügel offenbar falsch reagiert hatte. Zu einem neuerlichen Rückschlag entwickelte sich daraufhin die Partie von Steffen Winterfeldt (Brett 6), indem Steffen einfach seine Dame einstellte! Dabei hatte Steffen gerade eben noch seine Stellung nach einem heftigen Königsangriff seines Gegners konsolidiert und sich daran gemacht, seine Mehrqualität nach Hause zu spielen. Doch wiederum schaffte Peter Ziegler (Brett 4) den Ausgleich mit einer positionell überragenden Leistung. Nachdem Peter den rückständigen Bauern seines Gegenspielers lange belagert hatte, gelang es Peter zudem mit einer taktischen Finesse ein Einbruchsfeld auf der siebten Reihe für seinen Turm zu schaffen, wonach die Partie schnell zu seinen Gunsten entschieden war. Ja, und zwei Partien laufen noch: In einer davon hat Paul Wittmann (Brett 1) eine Gewinnstellung! Denn der angekündigte langwierige Positionskampf war nach einigem Hin und Her schließlich in Form eines Mehrbauern für Paul in einem Dame-Turm-Endspiel zu Ende gegangen. Allerdings war die Position nicht ganz trivial zu gewinnen, denn Pauls Bauernmehrheit von 4 zu 2 am Königsflügel stand ein gegnerischer Freibauer am Damenflügel gegenüber. Und in der anderen Partie steht Thomas Gebhard (Brett 3) auf... Verlust!!! Im Bestreben schnell und schön zu gewinnen hatte Thomas nicht in ein Endspiel mit Mehrfigur abgewickelt und dabei zusehends die Kontrolle über die Partie aus der Hand gegeben. Mit nur noch Sekunden auf der Uhr opferte Thomas schließlich diese Mehrfigur im Gewinnsinne, übersah jedoch einen kaltblütigen Gegenzug und landete in einem Damenendspiel mit Minusbauern. - In dieser Situation wurde uns vom Gästeteam ein 4 - 4 bei Remis-Wertung der noch laufenden zwei Partien angeboten. Da Thomas mit dem Daumen nach unten andeutete, was von seiner Stellung zu halten sei, war es an Paul zu entscheiden, ob seine Stellung "gewonnener" war als die Gewinnstellung der Gegner. Wohl nicht zuletzt mit Rücksicht auf den ob seines eigenen Versagens vor sich hin fluchenden Mannschaftskameraden entschloss sich Paul nach kurzem Zögern das Angebot anzunehmen. – Natürlich muss zum Abschluss des heutigen Berichtes nochmals der olle Goethe herhalten: „Mir brennt der Kopf, das Herz, die Leber brennt! Ein überteuflisch Element! Weit spitziger als Höllenfeuer! – Drum jammert ihr so ungeheuer, unglückliche Spieler! Die ihr, verschmäht, verdrehten Halses nach dem Siege späht.“

P.S.: Da habe ich doch glatt einmal mehr das Allerwichtigste vergessen, nämlich ´Nürnberg´, ´Schach´, ´Schachspiel´, ´Schachverein´ und ´Resozialisierungsprogrammkatalogblogg´ zu erwähnen. Nach dieser Abhilfe ist jetzt aber wirklich Schluss… [Zapf]

 

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